Bosnien in Berlin

Die Idee

Die Idee zum Buch „Bosnien in Berlin“ ist direkt im Anschluss an eine Podiumsdiskussion im Rahmen der Berlin Science Week 2020 @ HU entstanden. Dort flossen unter der Überschrift „Erinnern, Erforschen, Aufarbeiten. Srebrenica in Berlin. Junge Berliner*Innen aus Bosnien oder wie aus Traumata Forschungsthemen werden können.“ fünf verschiedene Perspektiven junger Frauen aus Bosnien-Herzegowina, Serbien und Deutschland zusammen. Trotz des unterschiedlichen Alters und der Verschiedenheit ihrer Erlebnisse teilten sich alle Sprecherinnen eine Gemeinsamkeit: sowohl autobiographisch als auch wissenschaftlich setzen sie sich mit dem Thema des Bosnienkrieges auseinander. Dieser fand vor 25 Jahren sein Ende, nachdem er mit dem Genozid von Srebrenica im Juli 1995 noch einen grausigen Höhepunkt genommen hatte, was auch der Anlass für dieses und ein weiteres Panel der Berlin Science Week war, die beide vom Lehrstuhl der Südslawistik der HU Berlin ausgerichtet und vom Südosteuropa- Historiker Thomas Schad moderiert wurden. Das über die Plattform YouTube abrufbare Gespräch dauerte insgesamt zwei Stunden – dennoch hatten alle Beteiligten nach der Veranstaltung das Gefühl, dass ihre Geschichten noch längst nicht zu Ende erzählt worden waren. Ermutigt durch das große öffentliche Interesse und das positive Feedback war schnell die Entscheidung gereift: Dem Erzähldrang soll nachgegangen, ein vielstimmiges Buch soll geschrieben werden. Sein Arbeitstitel lautet im Moment „Bosnien in Berlin“.

Ideengeber*innen und Mitwirkende

Als Kerngruppe und Ideengeber*innen beteiligen sich an dem Buch alle Teilnehmer*innen des Panels „Erinnern, Erforschen, Aufarbeiten“:

Aldina Čemernica (Doktorandin am Lehrstuhl für Südslawistik der HU Berlin),

Emina Haye (Dozentin für B/K/M/S am Lehrstuhl für Südslawistik der HU Berlin),

Sabrina Halilović (Bachelorstudentin der Südslawistik der HU Berlin),

Snežana Stanković (promovierte Literaturwissenschaftlerin und Anthropologin, HU Berlin),

Nadira Musić (Masterstudentin der Südslawistik der HU Berlin),

Thomas Schad (promovierter Südosteuropa- und Türkei-Historiker, HU-Berlin)

Professor Christian Voß (Lehrstuhlinhaber für Südslawische Sprachen und Kulturen am Institut für Slawistik und Hungarologie der HU Berlin).

Zielgruppe und Genres

Das Buchprojekt öffnet sich für eine Mischung unterschiedlicher Genres: durch autobiographische, (semi-)fiktionalisierte, essayistische, künstlerische, dialogische (Interviews) und im Einzelfall auch wissenschaftliche Beiträge soll eine gemischte, möglichst breite Öffentlichkeit erreicht werden. Indem individuelle Erinnerungsfragmente oder Geschichten über (Vor-)Kriegserlebnisse, Flucht, Ankunft, Adoleszenz und Berufsfindung die einzelnen Bausteine des Gesamtmosaiks sind, versteht sich das Buch als Teil einer zeitgemäßen, multidirektionalen Erinnerungskultur (M. Rothberg), die genauso zu Berlin und Deutschland gehört wie die Baščaršija zur bosnischen Hauptstadt Sarajevo. Alle Autor*innen entscheiden selbst darüber, welches Wissen sie teilen möchten und welches sie lieber für sich behalten oder nicht berühren. Es ist vorgesehen, alle Beiträge in die B/K/M/S-Sprache übersetzen zu lassen und auch in Bosnien-Herzegowina herauszugeben.

Zur Aktualität und Relevanz von „Bosnien in Berlin“

Die multiperspektivische Verarbeitung des Bosnienkrieges ist aus mehreren Gründen von anhaltender Aktualität und seine Thematisierung von gesamtgesellschaftlicher Relevanz.

Zum einen können die Ereignisse des Bosnienkrieges nicht als aufgearbeitet gelten, was den herrschenden Frieden in Südosteuropa leider fragil erscheinen lässt. Die Initiator*innen dieses Buchprojektes sind davon überzeugt, dass die Erzeugung eines Bewusstseins für die Auswirkungen des Bosnienkrieges bis weit hinein in die persönlichen Biographien eine Grundvoraussetzung für ein friedvolles Zusammenleben darstellt. Auch wenn dieses Buch den Bosnienkrieg nicht wird „aufarbeiten“ können, kann es doch in diesem Sinn dazu beitragen.

Zweitens können die Autor*innen des Buches aber auch einen Beitrag zur Dokumentation von Zeitgeschichte leisten, der insbesondere für Studierende und jüngere Interessierte der Gegenwart Einblicke in einen zeitlichen Kontext ermöglicht, den sie selbst nicht (medial) erlebt haben. Während sich Geschichts- und Sachbücher an der Ebene der Ereignisse und überprüfbarer Fakten orientieren, können die persönlicheren Perspektiven dieses Buchprojektes Einblicke gewähren, wie Lebensläufe, persönliche Entscheidungen und das Denken und Schreiben auch über 25 Jahre nach Kriegsende noch von diesen Ereignissen geprägt sind – wie sie also, wenn schon der Krieg nicht „aufgearbeitet“ ist, verarbeitet werden.

Drittens spiegeln diese Beiträge, die Sprachen-, Generationen- und Landesgrenzen überschreiten, auch die Entwicklung der breiteren Gesellschaft(en) wieder: einmal wird dafür das Wort „postmigrantisch“ verwendet, ein anderes Mal ist von „Kosmopolitisierung“ (Ulrich Beck) die Rede. Immer geht es darum, dass der „nationale Container“ als begrenzende Perspektive zu eng geworden ist, wenn es darum gehen soll, gesellschaftliche Wirklichkeit zu erfassen. Und zur gesellschaftlichen Wirklichkeit gehören die Narrative und Stories, die sich erzählt werden, ob in den Familien, an Schulen, an Universitäten – oder zusammengefasst unter dem großen Begriff der „deutschen Erinnerungskultur“. Insofern sich die postmigrantische Gesellschaft kosmopolitisiert, muss dasselbe auch für die Erinnerungskultur gelten.

Methoden: der Personal Essay

Nicht zuletzt durch den großen Erfolg von Didier Eribons autobiographischer Schrift „Rückkehr nach Reims“ feiert der Personal Essay ein Comeback: vielleicht, weil er auch als Krisengenre bezeichnet werden kann und damit gut in unsere krisenhafte Zeit passt. In unserem Projekt geht es um eine „Rückkehr nach Bosnien“, in der oft auch eine Krise inbegriffen sein wird. Der Personal Essay, der diese persönliche Reflexion erfasst, erlaubt eine große gestalterische Freiheit: Der Erzählstrang des Essays kann von einer ganz bestimmten Szene aus der Vergangenheit ausgehen. Ihm kann ein Gegenstand zugrunde liegen, er kann einen Geruch thematisieren, eine Fotografie, eine Gewohnheit eines bekannten Menschen, eine Eigenschaft, eine Landschaft und Vieles mehr. Dieses Projekt ist auch offen für Experimente mit literarischer oder künstlerischer Verfremdung: Mancher Stoff will vielleicht erst noch einmal zurechtgeschnitten werden, um sich erzählen zu lassen.

Zeitrahmen, Umfang und Umsetzung

Hinsichtlich der Textlänge schlagen wir für die Textbeiträge (Personal Essays, Interviews, Reportagen, Gedichte etc.) eine maximale Zeichenanzahl von 40.000 Zeichen (inklusive Leerzeichen) vor. Es können mehrere Texte eingereicht werden.

Bildbeiträge sollten sich auf 3-5 Beiträge beschränken, die mit Bildunterschriften versehen sind und deren Bildrechte von der Autorin / vom Autor geklärt wurden.

Die Frist für die Einreichung von Abstracts (300 – max. 500 Wörter) und Kurz-CV (max. 300 Wörter) ist der 15. Juni 2021. Wir bitten, auch dann ein Abstract einzureichen, wenn Sie vorhaben, ein Interview durchzuführen oder einen künstlerischen Beitrag beizusteuern.

Alle Interessent*innen werden bis spätestens 30. Juni 2021 Rückmeldung und gegebenenfalls die Möglichkeit einer Überarbeitung ihres Abstracts erhalten.

Die fertigen Beiträge benötigen wir zum 15. Oktober 2021.

Die Redaktion behält sich die endgültige Entscheidung über die Annahme von Beiträgen bis zur redaktionellen Überprüfung der fertigen Beiträge vor. Alle akzeptierten Beiträge erhalten bis zum 31. Januar 2022 eine Rückmeldung.

Das Buch soll voraussichtlich im Sommer 2022 im Peter-Lang-Verlag erscheinen.

Bitte wenden Sie sich für Nachfragen und zur Einsendung der Abstracts und Kurz-CVs an die folgende E-Mail-Adresse:

redaktion@bosnieninberlin.de

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