[Geschichte] KROKODIL Belgrad: HistorikerInnen für den Frieden (Istoričari za mir)

Als Veranstaltungshinweis übersetze ich hier aus dem Serbischen die Programmankündigung für das 13. KROKODIL Festivals in Belgrad, in Rahmen dessen meine Kollegin Ruža Fotiadis und ich an der Teilkonferenz "HistorikerInnen für den Frieden" (Istoričari za mir) teilnehmen werden. Mehr Informationen zum KROKODIL Festival (das eigentlich ein Literaturfestival ist) und zur Veranstaltung folgen in Kürze im... Continue Reading →

Dissertation (Zusammenfassung)

Im Mittelpunkt dieser Dissertationsthese steht eine diskursive Wende in Südosteuropa und Anatolien, die zugleich Teil der größeren, geopolitischen Wende der 1990er Jahre ist. Diese ist im vorliegenden Fall besonders von zwei Entwicklungen markiert: erstens durch den jugoslawischen Staatszerfall mit dem Bosnienkrieg von 1992-1995, der besonders von den direkt betroffenen Muslimen des Balkans sowie ihren zwischen den 1950er-1970er Jahren in die Türkei ausgewanderten Verwandten und Glaubensgenossen (Muhacir) als traumatischer und Existenz bedrohender Einschnitt erinnert wird. Zweitens kam es in der Türkei zum Aufstieg des politischen Islams aus dem Umfeld der Bewegung Milli Görüş, der sich mit der bis heute herrschenden Partei AKP und ihrer ikonischen Führerfigur als bestimmende, politische und neopopulistische Kraft etablieren konnte. Verterter*innen des AKP-Regimes sind von einer globalen Sendemission motiviert, durch die sie sich als Sicherheitsgarant*innen der Muslim*innen des Balkans gerieren, aber auch im Sinne ihres eigenen Zivilisations- und Kulturverständnisses tätig sind. Nach dem Eintreten des fragilen Friedens auf dem Balkan ab Anfang der 2000er Jahre, sowie durch die gleichzeitig immer weiter fortschreitende Medialisierung im Zuge der Digitalen Revolution, haben sich die Möglichkeiten grenzübergreifender Aktionen für alle Diskursteilnehmer*innen grundlegend verändert und erweitert. Dadurch hat sich zwischen Bosnien-Herzegowina und der Türkei eine kommunikative Figuration entfaltet und verdichtet, die den Raum der öffentlichen Meinungen stark verändert hat. Als kommunikative Akteur*innen der Figuration kommen in dieser Arbeit bosniakische Muslim*innen des Balkans, ihre bosniakisch-türkischen Verwandten aus (hauptsächlich) zwei Istanbuler Stadtbezirken, sowie Vertreter*innen der offiziellen türkischen Öffentlichen Diplomatie zu Wort. Die unterschiedlichen Texte, medialen Produktionen und Sprechakte werden über einen Mehr-Methoden-Ansatz erfasst und über eine mehrsprachige Metaphernanalyse ausgewertet. So können Handlungslogik, Motivationen, Interessen und zentrale Konflikte der unterschiedlichen Diskursteilnehmer*innen herausgearbeitet werden. Andererseits kann die Arbeit auch zu einem besseren Verständnis neopopulistischer Regime beitragen, die unter Bedingungen kollektiver Unsicherheitsgefühle über die mediale Mobilisierung starker Emotionen und Affekte auch außerhalb der hier analysierten Figuration Konjunktur haben.

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