[NEOPOP] Wladimir will Wolodymyr ermorden und die Öffentlichkeiten erheben sich

Anlass für diese Auseinandersetzung ist natürlich, dass Russland am vergangenen Donnerstag, den 24.2.2022 die Ukraine als souveränen Staat erneut angegriffen und unverhohlen damit gedroht hat, den ukrainischen Staat zu zerstören, auf den der russische Herrscher Wladimir Putin mit geschichtsrevisionistischen Thesen und imperialistischem Impetus als "Kleinrussland" Anspruch erhebt. Außerdem sei es seine Absicht, den Präsidenten und seine Familie... Continue Reading →

[Geschichte] Belgrad 2: Jugoslawien als Elefant im Raum

Belgrad war die Hauptstadt des geteilten Staates Jugoslawiens -- und Jugoslawien steht auf dem Festival KROKODIL in Belgrad wie der Elefant im Raum: denn letzten Endes positionieren sich alle revisionistischen Diskurse, mit denen sich die beteiligten HistorikerInnen und Nicht-HistorikerInnen auseinanderzusetzen haben, auf die ein oder andere Weise zum früheren, ge-teilten und dann zer-teilten Staat. Diese... Continue Reading →

[Geschichte] Belgrad 1: HistorikerInnen für den Frieden

Am 28. und 29. August 2021 fand in Belgrad die Konferenz HistorikerInnen für den Frieden (Istoričari za mir) als Teilveranstaltung des 13. Festivals KROKODIL statt. Die Konferenz war gleichzeitig Teil eines größeren Netzwerkprojekts postjugoslawischer und deutscher ProjektpartnerInnen, das den Titel Histoire pour la liberté (Geschichte für die Freiheit) (LINK) trägt. Neben den Gastgebern des Vereins Krokodil - Engaging Words aus Belgrad unter der Federführung von Professorin Dubravka Stojanović sind an dem Netzwerkprojekt die VertreterInnen des Kliofests der Universität Zagreb, des Vereins für moderne Geschichte Sarajevo (UMHIS - Udruženje za Modernu Historiju), sowie des Lehrstuhls für Südosteuropäische Geschichte der Humboldt-Universität zu Berlin beteiligt. Finanziert wird das Projekt von der Europäischen Kommission. Die Teilaktivitäten der Veranstaltungsreihe sind zum größten Teil schon über die Bühne gelaufen, worüber auf diesem Blog bereits jeweils einzeln berichtet worden ist: Zuerst hatte im Mai 2021 in Zagreb die Konferenz WIDER den historischen Revisionismus, FÜR die Revision historischer Erkenntnis (PROTIV historijskog revizionizma, ZA reviziju povijesnih spoznaja) stattgefunden (LINK), gefolgt vom History Fest Sarajevo im Juni 2021 -- unter dem Titel Gesellschaft und Geschichtsschreibung in Südosteuropa -- Von gemeinsamer Vergangenheit zu geteilter Geschichte (Društvo i historiografija u jugoistočnoj Evropi − Od zajedničke prošlosti do podijeljene historije, LINK). Den Abschluss wird am 26. Oktober an der Humboldt-Universität zu Berlin ein Runder Tisch bilden. 

[Geschichte] KROKODIL Belgrad: HistorikerInnen für den Frieden (Istoričari za mir)

Als Veranstaltungshinweis übersetze ich hier aus dem Serbischen die Programmankündigung für das 13. KROKODIL Festivals in Belgrad, in Rahmen dessen meine Kollegin Ruža Fotiadis und ich an der Teilkonferenz "HistorikerInnen für den Frieden" (Istoričari za mir) teilnehmen werden. Mehr Informationen zum KROKODIL Festival (das eigentlich ein Literaturfestival ist) und zur Veranstaltung folgen in Kürze im... Continue Reading →

[Public Diplomacy] Conclusion: Turkish-Bosnian sibling cities and cross-border neo-populism (Part 9)

On this series: This blog post belongs to a series under the title and leading question „Can networks of local governments challenge the rise of cross-border neo-populism?“. The complete series are my contribution to an edited volume by Dr. Agata Rogoś, postdoctoral research fellow at Humboldt-Universität zu Berlin. Agata’s Edited volume’s working title is „Permeability... Continue Reading →

[Public Diplomacy] Tribute to the sultan: the disinvitation of Orhan Pamuk by Sarajevo (Part 8.1/8)

On this series: This blog post belongs to a series under the title and leading question "Can networks of local governments challenge the rise of cross-border neo-populism?". The complete series are my contribution to an edited volume by Dr. Agata Rogoś, postdoctoral research fellow at Humboldt-Universität zu Berlin. Agata's Edited volume's working title is "Permeability... Continue Reading →

[Öffentliche Diplomatie] Der illiberale Rahmen für Gemeindepolitik in der Türkei (Teil 4/8)

Die Türkei ist ein zentralisierter Staat mit strengen vertikalen Hierarchien, die auf der ersten Verfassung von 1982 aufbauen, nachdem in Folge des Militärputsches von 1980 der politische Prozess des Landes zwei Jahre weitgehend eingefroren worden war. Die institutionellen Strukturen der letzten vier Jahrzehnte tragen die erkennbaren Spuren der Militärjunta -- und in der Tat, wie Ayşe Gül Altınay in ihrem bahnbrechenden Buch The Myth of the Military Nation (Altınay 2004) nachgezeichnet hatte, reichen die starken militaristischen Vermächtnisse in der Türkei bis in die späte osmanische Zeit, in die preußisch-osmanische Zusammenarbeit und die Anfänge der Republik zurück. Besonders aus Sicht vieler türkischer Perspektiven führte das lang anhaltende Intermezzo erfolgloser Versuche der Annäherung an den sogenannten Acquis Communautaire der EU, die in den 1990er Jahren an Fahrt aufnahmen, zu weit verbreiteter Frustration und Enttäuschung. Das türkische Anliegen einer Vollmitgliedschaft in der EU wurde wiederholt (und aus unterschiedlichen Gründen) zurückgewiesen. Dabei spielen der stockende Demokratisierungsprozess, die anhaltenden Verletzungen der Menschenrechte, der ungelöste Konflikt mit dem EU-Staat Zypern -- und nicht zuletzt der Kurdenkonflikt und die Leugnung des Völkermords an den Armeniern eine große Rolle. Darüber hinaus spielten auf der Bühne der öffentlichen Meinungen jedoch immer wieder auch Fragen der Identität, (Nicht-)Zugehörigkeit und Ausgrenzung eine Rolle, ob auf europäischer oder türkischer Seite -- wenn etwa die Europäizität der Türkei ganz in Frage gestellt wurde, oder türkische Politiker die EU als christlichen Club bezeichneten (Terzi 2012; "Die Türkei und die EU 2018"). Der lange Schatten all dieser Konflikte schwingt in der hierarchischen Verflechtung der territorial-administrativen Strukturen der Türkei mit -- und auch in der Art und Weise, wie die Beziehungen zu den Gemeinden auf dem Balkan hergestellt werden.

[Öffentliche Diplomatie] Die territorial-administrative Struktur der Türkei (Teil 3/8)

Vorbemerkung: Dieser Blogbeitrag gehört zu einer Serie unter dem Titel und der Leitfrage “Können Netzwerke von Kommunalverwaltungen den Aufstieg des grenzüberschreitenden Neopopulismus herausfordern?” Die komplette Serie ist mein Beitrag zu einem Sammelband von Dr. Agata Rogoś, Postdoc-Stipendiatin an der Humboldt-Universität zu Berlin. Der Arbeitstitel des von Agata herausgegebenen, englischsprachigen Bandes lautet “Permeability of dispossession /... Continue Reading →

[Gender] Regenbogen-Communitas im Fußballstadion?

Das Communitas-Gefühl wurde von Arnold van Gennep als "liminales" Geschehen und Teil eines "Rite de passage" -- eines Übergangs- oder Initiationsritus -- beschrieben. Der Übergang findet statt von vereinzelter Ausgrenzung hinein in eine sichtbare, sich selbst wertschätzende und von anderen gewertschätzte, zumindest aber hinzunehmende Communitas. Diesen in einigen Fällen überlebenswichtigen Aspekt begreifen Außenstehende, nicht-liminale Menschen, oft gar nicht. Doch welche Communitas soll eigentlich in einem Fußballstadion entstehen, das schon von den großen Fußballverbänden und den Geldmachern hinter der Inszenierung her rein männerisch ist -- bis auf den heutigen Tag? Weiterhin: das männerische Fußballspiel, das so tut, als sei es Fair Play, wenn nach körperlich-geschlechtlichen Kriterien 'Gleiche' gegeneinanderspielen, ist von Grund auf das Gegenteil der Communitas unter der Regenbogenflagge, wo sich Verschiedene treffen, und wo Verschiedenheit als Gut gewürdigt wird. Das Fußballspiel der Männer gegen die Männer -- aber auch der Frauen gegen die Frauen -- bedeutet soviel wie die Inszenierung des Patriarchats und seiner inhärenten, strengen Binarität.

[Öffentliche Diplomatie] Türkisch-bosnische Geschwisterstädte und ein semantisches Problem mit ‚Populismus‘ (Teil 2/8)

Im Gegensatz zur Fülle von Studien zur Öffentlichen Diplomatie und zu Populismus im Allgemeinen gibt es bisher keine Studien zum Neopopulismus im bosniakisch-türkischen Kontext, wie er hier verstanden wird: Neopopulismus ist ein grenzüberschreitendes Phänomen, das mehr als eine nationale Öffentlichkeit anspricht. Um die relative Abwesenheit von Literatur zu diesem Thema zu erklären, sollte eine Sichtung ausgewählter Arbeiten zum Populismus hilfreich sein. Dabei behalte ich zwei Grundannahmen im Blick: Erstens kann (und sollte) der türkisch-bosniakische Neopopulismus, wie jede andere Form des zeitgenössischen Populismus, in einen viel breiteren, europäischen und sogar globalen Kontext des Aufstiegs illiberaler, populistischer Bewegungen eingeordnet werden. Dies ergibt sich allein schon aus der Tatsache, dass die medialisierte Öffentlichkeit in einem vorher nie da gewesenen Maß entgrenzt und kosmopolitisiert ist. Zweitens, und trotz der allgemeinen Probleme der Vagheit und des Dissenzes in den häufigsten Definitionen des Populismus (Vgl. Mudde & Rovira Kaltwasser 2017; Rosanvallon 2020), sollen die am häufigsten angenommenen Kernelemente des Populismus (Volk, Elite, Vox Populi, etc.) hervorgehoben werden, weil die Betrachtung dieser Begriffe helfen können, zu verstehen, warum das Konzept des Populismus sowohl eine passende, als auch problematische Kategorie in dem gegebenen, grenzüberschreitenden Kontext der Türkei und Bosnien ist -- und weshalb besser von Neopopulismus die Rede sein sollte, wenn beschrieben wird, was sich in diesem zunehmend entgrenzten Zwischenraum entfaltet.

[Öffentliche Diplomatie] Mit Städtediplomatie gegen den Neopopulismus? (Teil 1/8)

In diesem Beitrag werde ich die Möglichkeiten und Grenzen von Städtepartnerschaften, Städtediplomatie, Koalitionen von Gemeinden und zivilgesellschaftlicher Akteure als mögliche Lösungen für den globalen Aufstieg von Populismus und Neopopulismus diskutieren. Ich werde mich auf den Fall der türkisch-bosnischen (bosniakischen) Städte- und Gemeindepartnerschaften konzentrieren, die im gesamten Text als „Geschwisterstädte“ bezeichnet werden: Diese Metapher wird dem türkischen Begriff 'kardeş şehir', dem bosnischen Begriff 'pobratimlja' und der asymmetrischen, hierarchischen Beziehung dieser Arrangements besser gerecht. Diese neueren Formen von Städte- und Gemeindepartnerschaften weichen von vielen anderen, bekannten Beispielen ab – vor allem, weil sie von autoritären, rechten und neopopulistischen Akteuren dominiert werden.

[Public Diplomacy] The role of ‚Renommiergeld‘ in a culturally annotated economy (Part 7/8)

Whether free iftar meals, collective circumcision ceremonies for Balkan boys by Turkish circumcisers (sünnet şölenleri), renovations and constructions of mosques, hammams, fountains, public squares, bridges or similar activities: Turkish public diplomats' activities are disproportionally often religiously embellished. Yet, these activities are not pursued solely for altruistic reasons or for „their ‘magical value’, which Mauss saw was 'still present in sadaqa’“, as some authors have interpreted other forms of gift exchange under Islamic auspices. The gift, as Mauss had it, involves and demands reciprocity. In the case of Turkish-Bosnian cross-border neo-populism, a „mixed economy“ is at play between AKP-governed, Turkish municipalities and their Bosnian counterparts: spiritual categories are distinctively present – while they are blended and traded together with the „hard currencies“ of the capitalist market of public opinions. This means that the gifted („the invested“, „the helped ones“) are expected to deliver, in return, to their donor with consent and supportive public opinions.

[Public Diplomacy] „We will reappropriate our forefathers‘ lands“: the ruling party and the Balkans (Part 6/8)

The Turkish ruling regime's problematic use of a vocabulary that appears to be identical with that of many Balkan post-migrants manifests in one of the goals of the AKP's „Vision 2023“ on its official homepage. There, a collective „we“ announces that „we will (re-)appropriate the reminiscences of our forefathers“ („Atayadigârlarımıza sahip çıkacağız”), with the historical Old Bridge of Mostar in the background. The same totemic language is applied on the homepage of TİKA, the Turkish Cooperation and Coordination Agency: „Turkey appropriates the monuments of the Ottoman reminiscences in the Balkans“ (Türkiye Balkanlar'daki Osmanlı Yadigârı Eserlere Sahip Çıkıyor). In a similar vein, the reminiscence (yadigâr) is more frequently paraphrased by the notion of the „Ottoman heritage“ (Osmanlı Mirası): thus, figurative kinship relations to the Balkans (heritage) are constructed. This figurative kinship is also expressed in countless other public speech acts, where Bosniaks and Turks are regularly called siblings (kardeş) and relatives (akraba), regardless of their biographies. Similarly, Bosnia, Kosovo, or other places were often called „home“ or declared identical with Turkey by Turkish officials. These samples show that the understanding of the nation-state itself and its borders was widened by the AKP regime throughout the past years, characterized by the use of kinship-metaphores. Concomitantly, the existing and conflictuous questions of belonging, ownership, sovereignty and territoriality in the Western Balkans were even amplified. 

[Public Diplomacy] ‚Hemşehrilik‘ (fellow-townsmenship) and the venture of Bosnian-Turkish sibling cities (Part 5/8)

As this example shows, being different from the others -- as Muhacir -- does not mean being other than Turkish: it rather means that there are one or more deep societal conflicts about the understanding how to be Turkish, and/or who determines what Turkish and Turkish culture would possibly be. I was told in practically every single interview with Bosniak Muhacirs (and their offspring) in Turkey what they perceive of as the most fundamental difference between themselves and 'the others': they would never -- down "to the seventh or ninth generation" -- ever marry their akraba (= relatives). Cousin marriage -- in the Arabic speaking Middle East described as bint 'amm marriage by anthropologists -- is in Turkey known as akraba evliliği. It is considered to be an eastern practice by Bosniak Muhacir people in Turkey, which corresponds to the fact that in the Balkans, cousin marriage is practically taboo and considered incestuous. Hence, the reactions of many Bosniak Muhacir people to the fact that some of their Anatolian compatriots practice it, often were expressed in extreme disgust. "Bunlar kültürsüz" -- they have no culture -- was often added as an explanatory comment. The importance of this societal conflict, where representatives of both sides can claim their own establishedness and the other side's outsiderness, should not be underestimated in the way how figurative kinship is established through sibling cities (kardeş şehir), either by representatives of the ruling party, or by Muhacir groups: even though representatives of both groups use the same kinship metaphores (like sibling / kardeş) and speak about culture (kültür), they may fundamentally disagree over the meaning and the role of their agnatic or figurative akraba (kinship) -- as the example of akraba evliliği shows. In the same vein, there are fundamental disagreements over the notion of culture, and the way how culture is brokered by official Turkish cultural centers and initiatives on the market of public opinions in the Balkans.

[Public Diplomacy] The illiberal framework for Turkish municipalities‘ scope of action abroad (Part 4/8)

The long shadow of all these conflicts resonates in the hierarchical interrelationship of Turkey's territorial-administrative structures – and also in the way how relations are established to municipalities in the Balkans. In this regard, one territorial-administrative feature of Turkey is crucial: the institution of the district governorate (kaymakamlık) and/or the governorate (valilik), whose main administrator, the governor, is called kaymakam or vali. The vali is widely regarded as the state’s extended arm into the city – and in fact, it can be seen as a parallel administration to the elected mayors' offices. The vali is directly bound to the centralized government in Ankara, and as such, it can bypass the electoral process, especially the local elections (Mahallî İdareler Genel Seçimleri). In this way, many local governments and municipal leaders who had been elected in the 2019 local elections were, in the meantime, forcibly dismissed and replaced by governors (vali / kaymakam).

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