[Heine-Projekt] 7 Sattelzeit, Holznot und Nachhaltigkeit: über die selten besprochenen Bergbaukenntnisse der Romantiker und andere Hintertreffen

Seit es die moderne Historiographie in Europa und über europäische Geschichte gibt (um die es hier geht), werden in ihr Periodisierungen vorgenommen. Diese Periodisierungen beziehen sich nicht ausschließlich auf die Ereignisgeschichte, sondern umfassen viele weitere gesellschaftliche Aspekte. Sie beziehen dabei jeweils Typisches für die entsprechende Periode, Ära, Epoche oder den Zeitabschnitt ein: So werden einer... Continue Reading →

[Francorum] There is no there there, in Bamberg

Gertrude Stein ist unter anderem für diesen fantastischen Satz There is no there there berühmt geworden. Sie hat ihn produziert, nachdem sie nach langer Zeit nach Oakland zurückgereist ist, wo sie einen Teil ihrer Kindheit verbracht hat. Dort waren nicht einmal der Eukalyptusbaum und die Rosen noch so, wie sie früher einmal immer waren. Früher... Continue Reading →

[Geschichte] Das Kriegsverbrechen auf der Hauswand: Beobachtungen aus Belgrad (I)

Dieser Text entsteht im Nachtrag einer erneuten, kurzen Reise nach Belgrad und schließt mehr oder weniger direkt an den Blogpost nach meiner vorangegangenen Reise Ende August an, als ich in meinen Beobachtungen einen anderen Schwerpunkt fokussierte: nämlich die Anwesenheit Jugoslawiens "als Elefant im Raum" in Architektur, Symbolik und linguistischer Landschaft der ehemaligen jugoslawischen und heutigen... Continue Reading →

[Geschichte] Belgrad 4.1: Ein gemeinsamer Lesesaal gegen den methodologischen Nationalismus

In den Beiträgen von Tvrtko Jakovina (Zagreb), Dragan Markovina (Zagreb), Ruža Fotiadis (Berlin) und Dubravka Stojanović am Samstagabend ging es in je unterschiedlicher Gestalt um die konflikthafte Auseinandersetzung mit Orthodoxien -- also behaupteten oder verordneten "Wahrheiten", die in ihrer normativen, bevormundenden Eigenschaft der wissenschaftlichen Methode schlechthin widersprechen: nämlich jener der kritischen Hinterfragung und Überprüfbarkeit durch... Continue Reading →

[Geschichte] Belgrad 3: Literatur und Historiographie unter einem Dach

Wer die gemeinsame Sprache (zajednički jezik) versteht, sich für Zeitgeschichte, Literatur und den Kulturbetrieb interessiert und das weltoffene, kosmopolitische Belgrad sucht, sucht es am besten auf dem Festival KROKODIL. Es wurde in diesem Jahr vom gleichnamigen Verein bereits zum 13. Mal organisiert und fand vom 26. - 29. August 2021 statt. Aufgrund des plötzlichen Schlechtwettereinbruchs, der auf eine wochenlange Hitzeperiode folgte, fand ein großer Teil der Veranstaltungen in diesem Jahr nicht wie üblich im Amphitheater vor dem Museum Jugoslawiens (Muzej Jugoslavije) statt -- sondern in den Räumlichkeiten des Zentrums für kulturelle Dekontaminierung (Centar za Kulturnu Dekontaminaciju) und der Jugoslawischen Kinothek (Jugoslovenska Kinoteka). Wie mir Damir Arsenijević erklärte, seien in diesem Jahr deswegen auch weniger Gäste als sonst auf dem Festival gewesen: bei den Veranstaltungen im Freien bringe es das Festival locker auf über Tausend Menschen im Publikum. Trotzdem erschienen mir alle Veranstaltungen sehr gut besucht.

[Geschichte] Belgrad 2: Jugoslawien als Elefant im Raum

Belgrad war die Hauptstadt des geteilten Staates Jugoslawiens -- und Jugoslawien steht auf dem Festival KROKODIL in Belgrad wie der Elefant im Raum: denn letzten Endes positionieren sich alle revisionistischen Diskurse, mit denen sich die beteiligten HistorikerInnen und Nicht-HistorikerInnen auseinanderzusetzen haben, auf die ein oder andere Weise zum früheren, ge-teilten und dann zer-teilten Staat. Diese... Continue Reading →

[Geschichte] Belgrad 1: HistorikerInnen für den Frieden

Am 28. und 29. August 2021 fand in Belgrad die Konferenz HistorikerInnen für den Frieden (Istoričari za mir) als Teilveranstaltung des 13. Festivals KROKODIL statt. Die Konferenz war gleichzeitig Teil eines größeren Netzwerkprojekts postjugoslawischer und deutscher ProjektpartnerInnen, das den Titel Histoire pour la liberté (Geschichte für die Freiheit) (LINK) trägt. Neben den Gastgebern des Vereins Krokodil - Engaging Words aus Belgrad unter der Federführung von Professorin Dubravka Stojanović sind an dem Netzwerkprojekt die VertreterInnen des Kliofests der Universität Zagreb, des Vereins für moderne Geschichte Sarajevo (UMHIS - Udruženje za Modernu Historiju), sowie des Lehrstuhls für Südosteuropäische Geschichte der Humboldt-Universität zu Berlin beteiligt. Finanziert wird das Projekt von der Europäischen Kommission. Die Teilaktivitäten der Veranstaltungsreihe sind zum größten Teil schon über die Bühne gelaufen, worüber auf diesem Blog bereits jeweils einzeln berichtet worden ist: Zuerst hatte im Mai 2021 in Zagreb die Konferenz WIDER den historischen Revisionismus, FÜR die Revision historischer Erkenntnis (PROTIV historijskog revizionizma, ZA reviziju povijesnih spoznaja) stattgefunden (LINK), gefolgt vom History Fest Sarajevo im Juni 2021 -- unter dem Titel Gesellschaft und Geschichtsschreibung in Südosteuropa -- Von gemeinsamer Vergangenheit zu geteilter Geschichte (Društvo i historiografija u jugoistočnoj Evropi − Od zajedničke prošlosti do podijeljene historije, LINK). Den Abschluss wird am 26. Oktober an der Humboldt-Universität zu Berlin ein Runder Tisch bilden. 

[Geschichte] KROKODIL Belgrad: HistorikerInnen für den Frieden (Istoričari za mir)

Als Veranstaltungshinweis übersetze ich hier aus dem Serbischen die Programmankündigung für das 13. KROKODIL Festivals in Belgrad, in Rahmen dessen meine Kollegin Ruža Fotiadis und ich an der Teilkonferenz "HistorikerInnen für den Frieden" (Istoričari za mir) teilnehmen werden. Mehr Informationen zum KROKODIL Festival (das eigentlich ein Literaturfestival ist) und zur Veranstaltung folgen in Kürze im... Continue Reading →

Dissertation (Zusammenfassung)

Im Mittelpunkt dieser Dissertationsthese steht eine diskursive Wende in Südosteuropa und Anatolien, die zugleich Teil der größeren, geopolitischen Wende der 1990er Jahre ist. Diese ist im vorliegenden Fall besonders von zwei Entwicklungen markiert: erstens durch den jugoslawischen Staatszerfall mit dem Bosnienkrieg von 1992-1995, der besonders von den direkt betroffenen Muslimen des Balkans sowie ihren zwischen den 1950er-1970er Jahren in die Türkei ausgewanderten Verwandten und Glaubensgenossen (Muhacir) als traumatischer und Existenz bedrohender Einschnitt erinnert wird. Zweitens kam es in der Türkei zum Aufstieg des politischen Islams aus dem Umfeld der Bewegung Milli Görüş, der sich mit der bis heute herrschenden Partei AKP und ihrer ikonischen Führerfigur als bestimmende, politische und neopopulistische Kraft etablieren konnte. Verterter*innen des AKP-Regimes sind von einer globalen Sendemission motiviert, durch die sie sich als Sicherheitsgarant*innen der Muslim*innen des Balkans gerieren, aber auch im Sinne ihres eigenen Zivilisations- und Kulturverständnisses tätig sind. Nach dem Eintreten des fragilen Friedens auf dem Balkan ab Anfang der 2000er Jahre, sowie durch die gleichzeitig immer weiter fortschreitende Medialisierung im Zuge der Digitalen Revolution, haben sich die Möglichkeiten grenzübergreifender Aktionen für alle Diskursteilnehmer*innen grundlegend verändert und erweitert. Dadurch hat sich zwischen Bosnien-Herzegowina und der Türkei eine kommunikative Figuration entfaltet und verdichtet, die den Raum der öffentlichen Meinungen stark verändert hat. Als kommunikative Akteur*innen der Figuration kommen in dieser Arbeit bosniakische Muslim*innen des Balkans, ihre bosniakisch-türkischen Verwandten aus (hauptsächlich) zwei Istanbuler Stadtbezirken, sowie Vertreter*innen der offiziellen türkischen Öffentlichen Diplomatie zu Wort. Die unterschiedlichen Texte, medialen Produktionen und Sprechakte werden über einen Mehr-Methoden-Ansatz erfasst und über eine mehrsprachige Metaphernanalyse ausgewertet. So können Handlungslogik, Motivationen, Interessen und zentrale Konflikte der unterschiedlichen Diskursteilnehmer*innen herausgearbeitet werden. Andererseits kann die Arbeit auch zu einem besseren Verständnis neopopulistischer Regime beitragen, die unter Bedingungen kollektiver Unsicherheitsgefühle über die mediale Mobilisierung starker Emotionen und Affekte auch außerhalb der hier analysierten Figuration Konjunktur haben.

[Public Diplomacy] Tribute to the sultan: the disinvitation of Orhan Pamuk by Sarajevo (Part 8.1/8)

On this series: This blog post belongs to a series under the title and leading question "Can networks of local governments challenge the rise of cross-border neo-populism?". The complete series are my contribution to an edited volume by Dr. Agata Rogoś, postdoctoral research fellow at Humboldt-Universität zu Berlin. Agata's Edited volume's working title is "Permeability... Continue Reading →

[Bosnia] Buch & Blog Bosnien in Berlin: erstes Teamtreffen und verlängerte Frist für Abstracts

Die Redaktion und das Team von Bosnien in Berlin (es fehlt Snežana Stanković) haben sich pandemiebedingt gestern, den 1. Juli 2021 zum ersten Mal "in echt" in der Besetzung auf dem Bild getroffen; Nadira und Thomas sind sich sogar das erste Mal überhaupt bewusst außerhalb eines Zoom-Raums oder Chats begegnet: V.l.n.r.: Sabrina Halilović, Aldina Čemernica,... Continue Reading →

[Public Diplomacy] The role of ‚Renommiergeld‘ in a culturally annotated economy (Part 7/8)

Whether free iftar meals, collective circumcision ceremonies for Balkan boys by Turkish circumcisers (sünnet şölenleri), renovations and constructions of mosques, hammams, fountains, public squares, bridges or similar activities: Turkish public diplomats' activities are disproportionally often religiously embellished. Yet, these activities are not pursued solely for altruistic reasons or for „their ‘magical value’, which Mauss saw was 'still present in sadaqa’“, as some authors have interpreted other forms of gift exchange under Islamic auspices. The gift, as Mauss had it, involves and demands reciprocity. In the case of Turkish-Bosnian cross-border neo-populism, a „mixed economy“ is at play between AKP-governed, Turkish municipalities and their Bosnian counterparts: spiritual categories are distinctively present – while they are blended and traded together with the „hard currencies“ of the capitalist market of public opinions. This means that the gifted („the invested“, „the helped ones“) are expected to deliver, in return, to their donor with consent and supportive public opinions.

[Bosnia] Bosnien in Berlin: ein Buchprojekt

Die Idee zum Buch „Bosnien in Berlin“ ist direkt im Anschluss an eine Podiumsdiskussion im Rahmen der Berlin Science Week 2020 @ HU entstanden. Dort flossen unter der Überschrift „Erinnern, Erforschen, Aufarbeiten. Srebrenica in Berlin. Junge Berliner*Innen aus Bosnien oder wie aus Traumata Forschungsthemen werden können.“ fünf verschiedene Perspektiven junger Frauen aus Bosnien-Herzegowina, Serbien und Deutschland zusammen. Trotz des unterschiedlichen Alters und der Verschiedenheit ihrer Erlebnisse teilten sich alle Sprecherinnen eine Gemeinsamkeit: sowohl autobiographisch als auch wissenschaftlich setzen sie sich mit dem Thema des Bosnienkrieges auseinander. Dieser fand vor 25 Jahren sein Ende, nachdem er mit dem Genozid von Srebrenica im Juli 1995 noch einen grausigen Höhepunkt genommen hatte, was auch der Anlass für dieses und ein weiteres Panel der Berlin Science Week war, die beide vom Lehrstuhl der Südslawistik der HU Berlin ausgerichtet und vom Südosteuropa- Historiker Thomas Schad moderiert wurden. Das über die Plattform YouTube abrufbare Gespräch dauerte insgesamt zwei Stunden – dennoch hatten alle Beteiligten nach der Veranstaltung das Gefühl, dass ihre Geschichten noch längst nicht zu Ende erzählt worden waren. Ermutigt durch das große öffentliche Interesse und das positive Feedback war schnell die Entscheidung gereift: Dem Erzähldrang soll nachgegangen, ein vielstimmiges Buch soll geschrieben werden. Sein Arbeitstitel lautet im Moment „Bosnien in Berlin“.

[Geschichte] Kliofest Zagreb: „Wider den historischen Revisionismus, für die Revision historischer Erkenntnis“

Im Rahmen des Kliofests, das bereits am Vortag begonnen hatte, fanden mehrere Einzelveranstaltungen zu ganz unterschiedlichen Themen statt. Unser Teil, der von 11:00 bis 14:00 Uhr dauerte, trug den Titel "WIDER den historischen Revisionismus, FÜR die Revision historischer Erkenntnis" (PROTIV historijskog revizionizma, ZA reviziju povijesnih spoznaja). Dieses Thema und die Teilveranstaltung waren wiederum Teil eines größeren Projekts mit dem Titel Histoire pour la liberté (Geschichte für die Freiheit), das sich mit dem weiteren Kontext des geschichtlichen Revisionismus in der Region (sowie darüber hinaus / in Deutschland) befasst. Von der großen Aktualität und Relevanz des Themas zeugen die sich überschlagenden Nachrichten, Film- und Serienproduktionen in der Region, die zu großen öffentlichen Debatten und Verwerfungen führen. Wie Dubravka Stojanović aus Belgrad es in ihrem Beitrag pointiert hat: damit wird der Grund bereitet für Konflikte und schlimmstenfalls "die psychologische Möglichkeit neuer Probleme" geschaffen.

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