[Neue Medien] Plattformkapitalismus und Historiographie: warum sich Historikerinnen nicht heraushalten können

Ich habe meinen Blick die letzten Jahre über -- wachgeschreckt durch das, was sich mir im Forschungsprozess dargeboten hat -- verstärkt auf den betäubten Zustand der digitalen Mündigkeit in Deutschland gerichtet. Davor habe ich die Bedeutung von Digitalisierung für schier alles, was ich beruflich tue, sträflich unterschätzt. Ich hielt Digitalisierung in erster Linie für eine Angelegenheit der Informatiker:innen. Ist dies eine Art Déformation Professionelle? Oder hat es mit einem mangelnden Selbstvertrauen in die Möglichkeiten zu tun, sich als Geistes- und Sozialwissenschaftler selbst Wissen über die Prozesse der Digitalisierung aneigenen zu können. Ich war damit jedenfalls nicht allein, besonders nicht in meinem Berufsfeld. Ich kenne viele Geisteswissenschaftler:innen, Sozialwissenschaftler:innen und besonders Historiker:innen, die glauben, ihre Rolle sei eine andere; sie könnten ihr Berufsfeld relativ getrennt von der Digitalisierung beackern, die zwar in Gestalt nützlicher Technologien und Methoden -- Übersetzungssoftware, Zitierprogramme, Kommunikationstechnologie, Content Management, "Digital Humanities" -- dienlich sei, aber eben eher aus der Perspektive verständiger Konsument:innen. Und liegt das bei Historiker:innen nicht besonders nahe? Wieso sollten Historiker:innen nun Expert:innen werden über die Frage, wie ihr Berufsfeld grundlegend von der Digitalisierung transformiert wird? Die digitale Revolution wird manchmal für das Jahr 2002 angesetzt, das kaum eine Historiker:in als weit genug vergangen ansieht, als dass es als historisch zu gelten habe. Es ist das Jahr, von dem geschätzt wird, man habe erstmals einen Zustand erreicht, in dem die Hälfte aller menschlich produzierten Information nicht analog, sondern digital produziert worden ist. Wir wissen, was damit gemeint ist: die rasende Geschwindigkeit unserer Zeit. Die krasse Fülle von Information. Und damit komme ich zum untrennbar verbundenen Verhältnis zwischen Digitalisierung und Historiographie.

[Neue Medien] Teil 3: Digitale Mündigkeit als generationenübergreifende Herausforderung

In diesem Kapitel des siebenteiligen Essays "Zur digitalen Souveränität und Zukunftsmündigkeit unserer Alten" analysiere ich den Generationenkonflikt zwischen tendenziell besser digital alphabetisierten, mündigeren Jungen einerseits und digital unmündigeren Alten andererseits. Dieses noch genauer zu hinterfragende Gefälle verläuft analog zu einem noch viel größeren Generationenkonflikt unserer Zeit, nämlich der Frage nach der Verantwortung für die Meta-Katastrophe des Klimawandels: hier stehen in der Arena der öffentlichen Meinungen die Vorstellung der angeblich verantwortungsloseren, vergangenheitsverhafteteren Alten und jene der angeblich zukunftsbesorgteren, verantwortungsvolleren Jungen gegenüber. Wie digital mündig beide vorgestellte Gruppen tatsächlich sind, soll in der anschließenden Diskussion der digitalen Halbsprachigkeit diskutiert werden (Teil 4).

[Neue Medien] Teil 2: Fortwirkende Fehlinvestitionen in die digitale Infrastruktur

In diesem zweiten Teil des Beitrags "Zur digitalen Souveränität und Zukunftsmündigkeit unserer Alten: ein paar letzte Gedanken des Jahres zu den häufigsten Weihnachtsgeschenken" diskutiere ich das problematische Fortwirken wiederholter Fehl- und Nicht-Investitionen in die digitale Infrastruktur, wobei ich mich besonders für den Aspekt der Wissensvermittlung und -Verknappung durch traditionelle, vorrevolutionäre Bildungssysteme interessiere. Da Ältere in aller Regel weder Schulunterricht mit repetitiven Trainingseinheiten noch Universitäten besuchen, sind sie trotz genereller Zugänglichkeit zu Wissen tatsächlich viel stärker von subtiler Wissensverknappung betroffen als Jüngere. Die Folgen sind Überforderung, Unbehagen und Flucht in anheimelnde Pseudo-Wirklichkeiten -- mit Folgen für die gesamte Gesellschaft.

[Neue Medien] Teil 1: Zur digitalen Souveränität und Zukunftsmündigkeit unserer Alten: ein paar letzte Gedanken des Jahres zu den häufigsten Weihnachtsgeschenken

Welche Probleme gibt es auf dem Weg zur digitalen Mündigkeit und Souveränität vor allem älterer Bürger:innen im ländlichen Raum, die keinen direkten Anschluss an die institutionalisierte Bildungsvermittlung der Schulen haben? Wie hängen diese Fragen mit dem weiteren Generationenkonflikt und dem anthropogenen Klimawandel zusammen? Welche Lösungen auf dem Weg zu einer digital souveräneren, zukunftszugewandten Gesellschaft wären denkbar? Um diese und weitere Fragen, die sich mir ganz wörtlich beim Auspacken der Geschenke unter dem Weihnachtsbaum aufgedrängt haben, geht es in dieser Blogpost-Serie. An Stelle eines Jahresrückblicks – quasi als Versuch des engagierten Blicks in Richtung Zukunft – blogge ich diesen Essay zunächst in sieben Einzelteilen, um ihn im Anschluss noch auf meiner gerade neu entstehenden Seite Neopopulismus weiterzuverarbeiten. Nach der Einleitung (1) werde ich die Probleme der digitalen Infrastruktur mit Blick auf die Wissensvermittlung und -Verknappung durch traditionelle Bildungssysteme diskutieren, wovon tatsächlich mehr Alte als Junge betroffen sind (2). Im Anschluss analysiere ich den Generationenkonflikt zwischen tendenziell besser digital alphabetisierten, mündigeren Jungen einerseits und digital unmündigeren Alten andererseits – der analog zur Vorstellung der angeblich verantwortungsloseren, vergangenheitsverhafteteren Alten und zukunftsbesorgteren, verantwortungsvolleren Jungen im Kontext der Meta-Katastrophe des Klimawandels verläuft (3). Die gemeinsame Herausforderung der in allen Altersgruppen weit verbreiteten „digitalen Halbsprachigkeit“ diskutiere ich im dritten Teil genauer (4), um daran anschließend den scheinbaren Königsweg zur Lösung – nämlich die Forderung nach lebenslangem Lernen in der Wissensgesellschaft – kritisch zu diskutieren (5). Abschließend werde ich einige bestehende Initiativen und Lösungsideen präsentieren (6), aber auch versuchen, einige zusätzliche, eigene Vorschläge zu formulieren und zur weiteren Diskussion zu stellen (7).

[Neue Medien] Horribile dictu: Julian Assange ist ihnen egal

Vor fast einem Jahr, am 18. Februar 2020, habe ich über den Fall Julian Assanges geschrieben: einem Fall großer Ungerechtigkeit, der von systemischer Tragweite ist und mich stark beunruhigt. Im Kern ging es in dem Beitrag, neben dem persönlichen Leid des weggesperrten Julian Assanges, um eine missglückte Rufmord-Desinformationskampagne mit dem Zweck der Verschleierung US-amerikanischer Kriegsverbrechen.... Continue Reading →

[Articles] Die öffentliche Diplomatie einer kommunikativen Figuration zwischen Sarajevo und Ankara: Das Verhandeln von Sicherheit, Kultur und Verwandtschaft

PDF des gesamten Artikels: Herunterladen In diesem Beitrag gehe ich der Frage nach, wie das Thema der muslimischen Unsicherheit und (forcierten) Abwanderung von bosniakischen Muslimen in die Türkei mit der Verdichtung der bosniakisch-türkischen Kulturdiplomatie der letzten beiden Jahrzehnte korrespondiert. Meine Beobachtungen basieren auf meinen Feldstudien zwischen Bosnien und der Türkei von 2014 bis 2017 und... Continue Reading →

[Foto] Die Bilder unserer Toten

Im Fall lebender Menschen, deren Bilder durch andere geteilt werden, wird oft völlig zurecht moniert: Eltern oder Verwandte sollten in Zeiten fortschreitender Künstlicher Intelligenz (KI) wie Gesichtserkennung keine Bilder von Kindern über die sogenannten Online Social Media (OSN) teilen. Schließlich könnten sie nicht wissen, ob ihr nackt in der Badewanne stehendes Kind eines Tages nicht... Continue Reading →

[Neue Medien] Der Fall Julian Assange: ein Lehrstück in Propaganda, Rufmord und ‚Desinformacija‘

Dieser Beitrag ist eine Replik auf einen Artikel Ortwin Rosners im österreichischen Standard vom 17. Februar 2020, in welchem der Autor die "erfolgreiche" Manipulation der öffentlichen Meinung im Fall des Journalisten, Whistleblowers und Wikileaks-Gründers (bzw. Mitgründers) Julian Assange dekonstruiert. Assange wurde als Vergewaltiger stigmatisiert und über Jahre seiner Freiheit beraubt; seine Integrität wurde nachhaltig zerstört.... Continue Reading →

[Öffentliche Meinungen] Ein Erfolg für Wikipedia? Zensur und OSN in der Türkei

Nach 990 Tagen Zensur ist die Wikipedia wieder ohne VPN-Client in der Türkei zugänglich - was mich als Wikipedianer natürlich freut, aber besonders freut es mich für türkische Userinnen, die das als Teilerfolg gegen das nervöse Regime verbuchen. Die Wikipedia ist ein höchst „gefährliches“ Instrument, vor dem sich sich Regime fürchten, die ihre Wirklichkeiten lieber... Continue Reading →

[Neue Medien] Lady Di ist tot – aber Esmeralda können wir helfen: ein epitomisches Pop-Drama der 1990er

Wer Esmeralda war und ist In der figurativen Čaršija der Jugosphäre, wie der „Marktplatz der öffentlichen Meinungen“ hier zusammengefasst sei, wird sich noch heute erzählt, dass es in Bosnien-Herzegowina um das Jahr 1997 zu einer grotesken Spendenaktion für die Hauptprotagonistin der mexikanischen Telenovela Esmeralda gekommen sei. Daran erinnert auch die bosnische Satireseite Karakter.ba in einem... Continue Reading →

[Presse] Relotius-Affäre: Journalismus-Bashing unangebracht (?)

Angesichts der Claas Relotius-Affäre bin ich gegen ein generelles Bashing der Journalismusbranche, wie das Zitat ganz unten aus einem Telepolis-Artikel vielleicht zuerst suggerieren mag. Man darf und kann es sich nicht so einfach machen – und ich hoffe, dass der Spiegel die richtigen Konsequenzen zieht. Nach Jahren des Studiums wahrhaft toxischer Narrative lumpiger demagogischer Regime-Medien... Continue Reading →

[Media] Algowas?

Das ganze Postfaktische ist womöglich nur ein Dreher im Algorithmus, über den wahrscheinlich ebenso viel gewusst wird wie über Hedgefonds, Schäubles Griechenlandphantasien, und dergleichen Unwägbarkeiten mehr. Es sei einmal zum Beispiel ausgeführt, wie zum Essay: vor wenigen Stunden habe ich mit der erstgeborenen, einflussreichsten und machtvollsten Frau aller Pendiće, der mithin unangezweifelten Chefin des mir... Continue Reading →

Website bereitgestellt von WordPress.com.

Nach oben ↑