[Human Security] Es ist Zeit, den in Bosnien und Herzegowina gestrandeten Menschen zu helfen! Ein Aufruf an die bosnisch-herzegowinische, kroatische und gesamteuropäische Öffentlichkeit

wer will
dass die welt
so bleibt
wie sie ist
der will nicht
dass sie bleibt
(Erich Fried)

Wir wollen unseren Unmut und unser Bedauern über die verheerende Situation ausdrücken, in der sich über 2000 Menschen in Lipa bei Bihać / Bosnien und Herzegowina befinden, die seit Monaten in provisorischen Lagern untergebracht sind. Es ist eine menschenunwürdige, dramatische Situation.

Die Nöte dieser Menschen verschlagen uns den Atem. Einige von uns sind auch einmal Kriegsflüchtlinge gewesen. Wir verurteilen den Hass, den jene lokalen Politiker*innen und Bewohner*innen verbreiten, die gegen die Migrant*innen hetzen. Wir verurteilen die Gewalt, die den Geflüchteten in Kroatien von der Grenzpolizei angetan wird. Mit den sogenannten Pushbacks, die gegen kroatisches und europäisches Asylrecht und gegen die Genfer Flüchtlingskonvention verstoßen, werden die Migrant*innen immer wieder zurück nach Bosnien und Herzegowina getrieben. Wir verurteilen auch die Zuständigen in der EU, die von den Pushbacks wissen und diese stillschweigend hinnehmen.

Nicht nur die Gesetze, auch das ganz einfache Gebot der Menschlichkeit verlangt von uns, dass wir uns gegen die menschenunwürdige Behandlung von Migrant*innen in Bosnien und Herzegowina sowie in Kroatien aussprechen. Sudbin Musić, ein bosnischer Überlebender des Lagers Trnopolje, warnt: „Die aktuelle Situation der Migranten könnte sich bald von einer Agonie in eine beispiellose Tragödie verwandeln!“ Deshalb fordern wir all die Menschen, die an die Idee eines demokratischen und vereinten Europas glauben, auf: Empört euch, mischt euch ein!

Die Geflüchteten, die sich in der Region um Bihać aufhalten, brauchen dringend sichere und menschenwürdige Unterkünfte und medizinische Versorgung. Wir fordern das sofortige Ende der Gewalt an der Grenze zur EU sowie das Eingestehen europäischer Mitschuld und Verantwortung. Kroatien muss das Völkerrecht achten und das europäische Recht an der Grenze anwenden; Bosnien und Herzegowina muss dafür bürgen, dass die EU-Mittel schnell und unbürokratisch für die Soforthilfe ausgegeben werden und die EU muss aufhören, Kroatien und Bosnien und Herzegowina zu drängen, die Flüchtlinge um jeden Preis daran zu hindern, in die EU zu gelangen. Die EU-Grundrechtecharta und die Flüchtlingskonvention verpflichten die EU zu gerechten Asylverfahren an ihren Außengrenzen; wir fordern, dass den Gestrandeten auf der Balkanroute dieses Asylverfahren ermöglicht wird.

Wir alle, die an Europa und an die Menschlichkeit glauben, müssen jetzt gemeinsam aufstehen und das Schweigen beenden. Wir wehren uns dagegen, dass die Welt so bleibt, wie sie ist.

Erstunterzeichner*innen:

Jasmina Musić, Schauspielerin

Alida Bremer, Autorin und Übersetzerin

Carl-Wilhelm Macke, Journalist

Doris Akrap, Journalistin

Saša Stanišić, Autor

Annika Reich, Autorin, Gründerin von „WIR MACHEN DAS“ und „Weiter Schreiben“

Katerina Poledjan, Autorin und Schauspielerin

Marko Dinić, Autor

Mersiha Husagić, Schauspielerin und Filmemacherin

Inger-Maria Mahlke, Autorin

Stephan Lohse, Autor

Dragica Rajčić Holzner, Autorin

Zora del Buono, Autorin

Rüdiger Rossig, Journalist

Doris Engelke, Lektorin

Pia Ziefle, Autorin und Buchhändlerin

Goran Krnić, Literaturwissenschaftler und Historiker

Helga Montag, Journalistin

Julia Eichhorn, Literaturagentin

Nina de la Chevallerie, Regisseurin

Ivana Sajko, Autorin

Christine Koschmieder, Autorin und Literaturagentin

Gabriel Rodriguez Silvero, Schauspieler und Kulturwissenschaftler

Jasna Čaušević, Referentin für Genozid-Prävention bei der Gesellschaft für bedrohte Völker

Thomas Schad, Historiker und Fachreferent für öffentliche Diplomatie, Geschichte und Politik

Vivianne Rau, Freiwillige Helferin bei der SOS Balkanroute

Matthias Heyl, Historiker, Autor und Leiter der Jugendbegegnungsstätte Ravensbrück

Adnan Softić, Bildender Künstler, Autor und Regisseur

Maria Regina Heinitz, Autorin

Zoran Grozdanov, Autor, Verleger, Professor für evangelische Theologie an der Uni Zagreb

Vahidin Preljević, Autor, Professor für Germanistik an der Uni Sarajevo

Urška P. Černe, Literaturübersetzerin

Maja Delinić, Regisseurinher.story, Theaterkollektiv

Nicolas Moll, Historiker

Oliver Held, Dramaturg am Theater Aachen

Sadija Klepo, Direktorin der Balkantage in München

Renata Trischler, Koordinatorin bei der Arbeitsgemeinschaft deutscher Minderheiten

Elvira Veselinović, Literaturübersetzerin und Dolmetscherin

Teresa Zschernig, Schauspielerin

Bassam Ghazi, Regisseur und Theaterpädagoge

Svetlana Fourer, Regisseurin, Autorin und Theaterpädagogin

Heinz Simon Keller, Schauspieler, Regisseur, Intendant „Theater der Keller“

Maja Zećo, Schauspielerin

Danko Rabrenović, Autor, Musiker, Journalist

Sudbin Musić, Journalist und Aktivist

Dijana Brnić, Kulturmanagerin

Hanna Slak, Regisseurin und Filmemacherin

Nermina Kukić, Autorin und Schauspielerin

Magdalena Jagelke, Autorin

Parvaneh Djafarzadeh, Interkulturelle Trainerin und Beraterin

Matthias Berthold, Schauspieler und Musiker


* Dieser offene Brief ist auf Initiative von Jasmina Musić und Alida Bremer entstanden.

** Wir haben unseren Aufruf nicht als eine Petition formuliert, deshalb sammeln wir keine weiteren Unterschriften, da wir keine Zeit dafür haben und da die Menschen, die im Schnee frieren, nicht länger warten können. Deshalb bittet und bitten Sie einfach alle, die sich mit dem Brief identifizieren können, ihn weiter zu verbreiten – unser Wunsch ist, die Öffentlichkeit wachzurütteln. Das PDF ist ganz unten herunterladbar zum weiterleiten per E-Mail; alternativ kann auch der Link zu diesem Blogeintrag weitergeleitet werden.

*** Vivianne Rau, die sich bis vor einigen Tagen in Bosnien und Herzegowina aufgehalten hat, um dort vor Ort den Migrant*innen zu helfen, hat uns – ebenfalls dankenswerterweise – die Lage genauer erklärt; hier könnt Ihr, können Sie ihr Bericht vom 30. Dezember hören: https://www1.wdr.de/mediathek/audio/wdr2/audio-die-eu-hat-zum-grossteil-die-situation-in-bosnien-zu-verantworten-100.html 

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